WAS WOLLTE JEAN-PIERRE-DE CAUSSADE? 7
15/01/2022

Aus dem Vorwort von „Hingabe ans Jetzt“ von Jean-Pierre de Caussade, ISBN 978-3-7543-5198-7. Ich werde in Abständen hier Auszüge aus meinem Vorwort sowie aus de Caussades Texten veröffentlichen.

Eine Schule, ein Handbuch nicht für das kontemplative Gebet, wohl aber für die kontemplative Lebenshaltung formuliert zu haben, darin liegen die Kraft und der bleibende Wert von de Caussades Schriften. Wie sehr er damit (meist ziemlich im Verborgenen) sogar in unserer Zeit gewirkt hat, zeigt sein Einfluss auf den britischen spirituellen Lehrer Douglas Harding (1909-2007). Harding ist einer der originellsten mystischen Denker der Neuzeit. Er, der die Texte des Zen, des Buddhismus, des Tao und des Advaita studiert hat, bezeichnet de Caussade als „die große christliche Autorität für Hingabe“. In diesem Zusammenhang beschreibt er seinen eigenen, tiefsten Durchbruch als die Erkenntnis, „dass die tiefste Sehnsucht darin besteht, dass alles so sein soll, wie es ist – weil man sieht, dass alles aus der eigenen wahren Natur, dem gewahren Raum fließt“. Und weiter: „Wie wird der Durchbruch vollzogen? Was kann man tun, um sich ihm zu nähern? Gewissermaßen gar nichts. Es ist kein Tun, sondern ein Nichttun, ein Aufgeben, ein Loslassen der falschen Überzeugung, dass hier jemand ist, der loslassen kann.“ Was ihn schließlich zu der Aussage bringt, „dass man nichts und alles im tiefsten Grunde bereits will. …Dass immer dann, wenn wir fähig sind JA! zu unseren Lebensumständen zu sagen und alles, was auch immer passiert, aktiv zu wollen (statt sich passiv in die Umstände zu fügen), jene echte und dauerhafte Freude aufkommt, die in der östlichen Tradition ananda genannt wird.“[1] Jean-Pierre de Caussade hätte sich in diesen Formulierungen gewiss wiedergefunden. 

Christian Tröster 


[1] Douglas Harding, Die Entdeckung der Kopflosigkeit. Einfach sehen, wer ich wirklich bin. Omega Verlag, 2013, S. 133-137

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